Wie ist das passiert? Mitten in der Krise, während die Einen noch apokalyptische Staats- und Bankencrashs und das Ende des Euro erwarten, wähnen sich andere schon wieder im Boom. Zeitungen sprechen vom „Jobwunder“ und berichten, dass deutsche Exportfirmen Sonderschichten fahren. Auch für 2011 hält z.B. der Konjunkturindex des Manager Magazins inzwischen beim Wachstum eine „3“ vor dem Komma für möglich. Das Wachstum hilft aber nicht allen. Die Schuldenkrise vieler Eurostaaten ist weiterhin nicht überstanden.
Auch die Anzahl der Privatpersonen, die überschuldet sind, sowie die der Verbraucherinsolvenzen steigt weiter an. Um über zehn Prozent wird die Zahl der Privatinsolvenzen 2010 gegenüber 2009 wohl ansteigen, ein Rekordwert. Den Unternehmen geht es dagegen wieder besser. Während die anziehende Konjunktur den Unternehmen direkt zugute kommt, fällt es überschuldeten Verbraucher meist schwerer, sich aus dem oft über Jahre entstandenen Schuldenloch zu befreien. Die Entwicklung habe sich hier vom Konjunkturzyklus abgekoppelt, zitiert das Manager Magazin Ergebnisse von Creditreform.
Die Sparbereitschaft der Deutschen nahm gleichzeitig ab. Das regelmäßig erscheinende repräsentative Altersvorsorge-Barometer der Investmentbank J.P. Morgan zeigte einen Rückgang des Anteils der Sparer um fast drei Prozent, nach einem Anstieg in gleicher Höhe bei der letzten Befragung im April. Die anziehende Konjunktur löst nicht alle finanziellen Sorgen und Probleme der Sparer: Viele Anleger sorgen sich angesichts der Schulden- und Währungskrisen um die Stabilität des Euro und sind nicht geneigt, sich auf jahrzehntelange Vorsorgeverträge und -policen einzulassen.
Flucht in Sachwerte „um jeden Preis“?
Dementsprechend hoch im Kurs stehen Sachwerte. Auf dem Immobilienmarkt macht sich dies besonders bemerkbar. Preise und Mieten steigen. Zwar steigen, befeuert durch die günstigen Finanzierungsmöglichkeiten, auch die Neubauzahlen an, aber nicht in demselben Maße und daher ohne vorerst den Preisanstieg ausgleichen zu können. Inwieweit dieser Preisanstieg nachhaltig ist und inwieweit es sich auch in Anbetracht der demografischen Entwicklung in Deutschland um ein von Inflationsangst und niedrigen Zinsen angeheiztes Strohfeuer handelt, ist schwer zu sagen. Auch Anleger auf der dringenden Suche nach Sachwerten sollten auf Lage und Zustand einer in Betracht gezogenen Immobilie achten.
Ob Gold oder Immobilien, alles auf eine Karte zu setzen kann schnell ins Auge gehen. Ein totaler Kollaps des Euro mit Vermögensvernichtung im Sinne einer „Stunde Null“ wie bei der Einführung der D-Mark nach dem 2. Weltkrieg ist auch nach wie vor bei weitem nicht abzusehen, Panik mithin unangemessen. Mit einer breiten Streuung der Anlagen fährt man nach wie vor am besten. Das Tagesgeld als Notgroschen, Festgeld, breit gestreute Aktienfonds, Riester- oder Rürupförderungen, die eigene Immobilie, alles hat seinen Platz im individuellen Vermögenskonzept, pauschale Rezepte gibt es nicht. Bedacht und gut informiert können gute Entscheidungen getroffen und die persönliche „Finanzkrise“ vermieden werden.
Redaktion (01.12.2010)