Viele hatten bereits für Anfang Juni eine weitere Erhöhung des Leitzinssatzes erhofft. Aber auf der mit Spannung erwarteten entscheidenden Pressekonferenz in Helsinki Mitte letzter Woche wurden die Erwartungen wohl fürs Erste enttäuscht. Zu den Usancen der an Ritualen reichen Finanzwelt gehört nämlich auch, dass der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Trichet, die Zinserhöhung nicht einfach offen verkündet, sondern nur verklausuliert mitteilt. Und die erwarteten magischen Worte für eine Zinserhöhung in vier Wochen blieben diesmal aus. Statt dessen wird ein Zinsschritt nun für Anfang Juli erwartet.
Prompt verlor der Euro gegenüber dem Dollar an Wert. Experten rechnen aber weiterhin mit Zinserhöhungen von 0,25 Prozent im Quartalstakt. Zum Jahresende stünde der Leitzins für die Eurozone damit bei 1,75 Prozent. Trichet teilte mit, er rechne damit, dass die Inflationsrate für die nächsten Monate bei über zwei Prozent verharren werde.
Für Sparer ist dieser Umstand etwas ungemütlich. Laut einer Studie der FMH Finanzberatung liegt der durchschnittliche Zinssatz beim Tagesgeld inzwischen bei 1,3 Prozent. Die besten Anbieter zahlen weiterhin über ein Prozent mehr als den Durchschnitt und können damit mit der aktuellen Inflationsrate im Euroraum von zuletzt 2,8 Prozent nicht ganz mithalten.
Weiterhin große Unterschiede beim Tagesgeld
Die schlechtesten Angebote zahlen weniger als die Hälfte des Durchschnittswertes, vergleichen ist also unerlässlich. Wer Geld auf einem gut verzinsten Tagesgeldkonto bereithält, der schafft es unter diesen Umständen immerhin, sein Vermögen einigermaßen zu erhalten. In Zeiten, in denen andere Anlagen innerhalb einiger Tage zweistellige Verluste einfahren können, hat diese relative Stabilität für viele etwas Beruhigendes.
Bei einer Inflationsrate, die bei den Alltagsgütern wie Lebensmitteln und Benzin allerdings von einigen Experten näher bei vier Prozent gesehen wird, sollte jedoch derzeit eher nur ein „Notgroschen“ von vielleicht zwei Monatsgehältern für unerwartete Anschaffungen und anfallende Kosten auf dem Tagesgeldkonto vorgehalten werden. Ungewiss ist bei der Inflationsrate letztlich auch der Einfluss der Krisen in den arabischen Staaten. Steigende Instabilität hier könnte über die Ölpreise schnell einen weiteren Preiserhöhungsschub auslösen, umgekehrt könnte eine Stabilisierung der politischen Lage sich aber auch entspannend auf die Energiepreise auswirken.
Angesichts des anhaltend aufwärtsgerichteten Trends des EZB-Leitzinses ist eine breite Abwärtsbewegung bei den Tagesgeldzinsen in nächster Zeit unwahrscheinlich. Solange die Inflationsrate über der von der EZB als Zielkorridor angepeilten Marke von knapp unter zwei Prozent verharrt, dürften die Zentralbanker den Zinssatz weiterhin langsam anheben. Damit dürften sich für Sparer auch die Tagesgeldangebote weiter verbessern.
Redaktion (09.05.2011)