Schwarze Liste der Versicherungswirtschaft
Das Hilfs- und Informationssystem (HIS) gilt als „schwarze Liste“ der Branche. Die Datenbank wurde für die Assekuranzen, unter Aufsicht der Beauftragten für Datenschutz angelegt, damit die Branche sich vor unrechten Machenschaften und falschen Angaben ihrer Kunden und solchen, die es werden wollen, schützen können.
Die Versicherer haben die Warndatei 1993 eingerichtet, um sich vor Betrügern zu schützen. Ähnlich wie beim Datensammler Schufa, der die Zahlungsfähigkeit von Bankkunden für das Kreditgewerbe ermittelt, soll die Zentraldatei der Versicherer Kunden mit hohem Risiko registrieren. Doch bisher wusste kaum ein Kunde, dass er auf dieser Warnliste vermerkt ist.
Die Datenliste umfasst mittlerweile 9,5 Millionen Einträge über Vorkommnisse, welche die einzelnen Versicherer bei ihren Kunden während der Antragsbearbeitung oder im Leistungsfall in den vergangenen Jahren verdächtig erschienen. Jährlich wächst die Datei um zirka 1,8 Millionen Namen.
Wer auf die Liste kommt, wird angeschrieben
Kunden sollen ab 1. April 2009 vom Versicherungsunternehmen schriftlich informiert werden, wenn Personalien an das „HIS“, früher „Uniwagnis“ genannt, gemeldet werden.
Das kann der Fall sein, wenn ein Kunde von seinem Versicherer mehrere Schäden in kurzen Abständen nacheinander regulieren lässt oder wenn ein kaskoversicherter Autofahrer einen Neuwagen inklusive Papieren als gestohlen meldet. Erst nach fünf Jahren wird ein Eintrag ins „HIS“ automatisch wieder gelöscht.
Kein Bürger außerhalb der Versicherungswelt hatte bisher Einblick in die „schwarze Liste“. Nur die Versicherer konnten sich der Informationen bedienen und diese untereinander austauschen.
Seit April 2009 Einsichtnahme für Betroffene möglich
„Mit Zustimmung der Datenschutzbehörden informiert der GDV ab 1. April 2009 auf Anfrage Betroffene, ob sie an das Hinweis- und Informationssystem der Versicherungswirtschaft gemeldet sind“, kann man jetzt im Internet lesen.
Von einem Versicherer abgelehnte Antragssteller, deren Vertrag nicht zustande kam, können ab sofort den Ablehnungsgrund nachverfolgen. Jeder hat nun Zugang zu den eigenen Daten bei „HIS“ und kann herausfinden, ob er als Versicherungsbetrüger gespeichert wurde. Die Öffnung von „HIS“ durch den GDV verspricht eine neue Transparenz im Versicherungsgewerbe.
Wege für Betroffene zur Richtigstellung
Die Transparenz der zentralen Warndatei der Versicherer soll nun auch den Kunden der Assekuranzen nutzen. Neben der Möglichkeit sich über eigene Daten zu erkundigen kann der Kunde sich zusätzlich dagegen wehren.
„Man kann falschen oder fehlerhaften Eintragungen widersprechen und sogar verlangen, dass sie, im begründeten Fall, unverzüglich gelöscht werden“, sagt Hans-Peter Schwintowski, Professor für Rechtswissenschaften an der Humboldt-Universität Berlin.
Können Versicherer und Kunden keine Einigung über den Eintrag oder die Löschung erzielen, besteht die Möglichkeit, den Versicherungsombudsmann einzuschalten und bei ihm eine kostenfreie Beschwerde zu veranlassen.
Versicherungsnehmern, die aufgrund von Betrug aufgeführt werden, kommt die Tatsache entgegen, dass der Eintrag nach fünf Jahren wieder gelöscht werden müssen.
Warnsystem schließt auch Kranke aus
In der Warndatei landen aber auch unschuldige Versicherungsnehmer. Wer beispielsweise eine Berufsunfähigkeitsversicherung aufgrund einer Erkrankung in Anspruch genommen hat, kann mit einem Vermerk rechnen.
Das führt dazu, dass der Kunde auch von vielen anderen Versicherern nur einen teuren oder gar keinen Vertrag erhält. Es hilft nur, es nach fünf Jahren erneut zu probieren. Allerdings sollten Betroffene bei den Versicherern nachforschen, die Sie abgelehnt haben, weshalb sie in das „HIS“ eingetragen wurden. Sollte die Krankheit vor Ablauf der fünf Jahre ausgeheilt sein, können die Betroffenen mit einem neuen Gesundheitszeugnis das Streichen oder Sperren Ihres Datensatzes veranlassen.
Neue Regelung für Rechtsschutzversicherte
Von der Neuregelung und der neuen Transparenz in Sachen „HIS“ können künftig auch Rechtsschutzkunden profitieren. Bisher konnten entsprechende Versicherer Kunden, die zweimal innerhalb von zwölf Monaten (oder dreimal in 36 Monaten) einen Streitfall geltend machten, vom weiteren Versicherungsschutz ausschließen.
Diese Regelung muss künftig großzügiger gefasst werden. Kunden dürfen ab sofort bis zu vier Rechtsschutzfälle im Jahr anmelden, bevor ein Versicherungsschutz rechtmäßig ausgeschlossen werden kann.
Dietmar Braun (07.04.2009)