Die EZB senkt den Leitzins – Ausblick und Folgen

Die meisten Prognosen lagen richtig: Die Europäische Zentralbank (EZB) senkte den Leitzins am 6. Juni 2024. 25 Basispunkt ging es bergab auf 4,25 Prozent. Dieser Schritt hing jetzt schon einige Zeit in der Luft und ließ selbst Experten aufhorchen. Denn es handelt sich um ein Novum, dass die EZB an der Zinsschraube dreht, ohne dass die Federal Reserve (FED) in den USA vorher eine ähnliche Entscheidung getroffen hätte. Das bleibt nicht ohne Folgen.

Wie wird sich der Leitzins in Europa entwickeln?

Auf die Frage, wann die EZB den Leitzins senken wird, hatten zuletzt nahezu alle Banken und Volkswirte mit „Juni 2024“ geantwortet. Auch hinsichtlich der weiteren Zinsschritte ist man zumindest in groben Zügen einer Meinung. Zwei bis drei weitere Zinssenkungen werden vorhergesagt – mehrheitlich geht man je Quartal von einem Zinsschritt um minus 0,25 Prozent aus. Damit stünde man nach drei weiteren Maßnahmen bei 3,50 Prozent bzw. beim Einlagenzins der Banken bei ca. 3,00 Prozent.

Laut EZB-Präsidentin Christine Lagarde bricht damit die dritte Phase an, die der Rückkehr zur restriktiven Geldpolitik. Phase eins diente der Straffung und ging mit einem massiven Zinsplus von 4,5 Prozent in der Zeit von Juli 2022 bis September 2023 einher. Es folgte die Phase ohne Zinserhöhung. Wie genau die dritte Phase gestaltet wird, bleibt indes offen und wird sich – wie bisher – an den Konjunkturdaten und der Inflation orientieren.

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Der Leitzins in den USA

Blickt man Teich Richtung USA, hatten Experten auch dort mit einer Zinssenkung gerechnet. Dazu gibt das Inflationsgeschehen derzeit aber noch keinen Anlass. Damit bleiben die Zinsen in den Vereinigten Staaten von Amerika hoch und aufgrund der Zinssenkung in der EU höher als in Europa. Das wird sich, so die ersten vorsichtigen Vorhersagen, frühestens im September ändern – vorausgesetzt, die Bedingungen lassen Raum für eine Zinssenkung.

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Was bedeutet die Zinssenkung?

Hohe Zinsen in den USA und niedrigere in Europa: Das wirkt sich auch auf die Finanzmärkte und die Geldpolitik aus.

Die Folgen der Zinsdifferenz

Attraktivere Sparzinsen in den USA sind verlockend und werden sehr wahrscheinlich dafür sorgen, dass Kapital abfließt und damit der Euro gegenüber dem US-Dollar abgewertet wird. Allerdings kann die Zinsdifferenz die Wirtschaft, insbesondere den Export, auch ankurbeln. Dabei besteht aufgrund des höheren Ölpreises jedoch das Risiko, dass die Inflation in Europa wieder steigt. Experten nennen das mögliche Szenario eine importierte Inflation – halten das aber für eher unwahrscheinlich.

Kurzum: Der Zinsschritt der EZB wird nicht zum Anlass für Schwarzmalerei genommen. Der Umstand, dass in den USA ein höheres Zinsniveau herrscht, dürfte nicht von Dauer sein und damit auch den Wechselkurs nicht dauerhaft in neue Bahnen lenken. Das ist zumindest der aktuelle Konsens.

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Der Zinsschritt und Aktien

Auf Aktien wirkt der Zinsentscheid der EZB voraussichtlich wie ein Booster. Weil Unternehmen günstiger investieren und damit rein theoretisch künftig mehr Gewinn realisieren können, werden Aktien wieder interessant. Eine höhere Nachfrage führt zu steigenden Aktienkursen – gut für alle, die auch in Zeiten hoher Zinsen schon auf Aktien gesetzt haben.

Die Auswirkungen auf Anleihen

Bei Anleihen kommt es schlichtweg auf die jährliche Verzinsung an, wie sich der Kurs entwickelt. Lässt das Zinsniveau nach, verbessern sich die Finanzierungsbedingungen, weil Kredite günstiger werden. Wenn nun Anleihen mit einem niedrigeren Zins herausgegeben werden als bisher, steigt der Preis der alten Papiere, die noch mit einem höheren Zinssatz versehen sind. Der Kurs sinkt, wenn die Zinsen neuerer Papiere steigen, weil dann eher verkauft und neu investiert wird.

Tages- und Festgeld

Die Auswirkungen auf Tages- und Festgeld sind bei einer Leitzinssenkung eindeutig: Die Zinssätze werden sukzessive nach unten korrigiert. In welchem Umfang muss sich zeigen. Aus unserer Sicht ist der Zenit bei den Tages- und Festgeldzinsen bereits überschritten, was auch der Blick auf die Zinsentwicklung zeigt:

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Edelmetall wird wieder attraktiv

Edelmetalle, konkret Gold, reagieren wie Aktien und Anleihen sehr sensibel auf Zinsänderungen. Während Anleger und Sparer in Zeiten hoher Zinsen „sicheres Geld“ dank hoher Tages- und Festgeldzinsen zu schätzen zu wissen, neigen sie bei Zinssenkungen zu einer höheren Risikobereitschaft. Das ist die Zeit, in der man wieder auf Gold zurückgreift. Auch hier gilt: höhere Nachfrage gleich höherer Kurs.

Immobilienmarkt wird entlastet

Für den Immobilienmarkt hätte der Zinsschritt schon deutlich eher kommen können. Mit der Zinssenkung um 25 Basispunkte nimmt die EZB Druck vom Kessel. Dadurch sinken im Nachgang auch die Zinsen für Baukredite und Hypotheken. Viel wichtiger aber: Häuslebauer können wieder planen. Das war in Zeiten steigender Zinsen kaum möglich. Die Finanzierungskosten für viele Projekte sind schlichtweg aus dem Ruder gelaufen. Weil jetzt nicht mehr mit steigenden Zinsen gerechnet wird, verbessert das die Planbarkeit.

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