Forderungen nach Lohnerhöhungen, die steigenden Öl- und Rohstoffpreise und die Preise für Lebensmittel treiben derzeit die Geldentwertung. Die Notenbanker versicherten, einem starken Anstieg der Verbraucherpreise entschlossen und frühzeitig entgegenwirken zu wollen, und stellten eine Erhöhung des Leitzinssatzes für den Euroraum bereits für den April in Aussicht, auch wenn die Banker optimistisch sind, dass der Preisdruck beim Öl in absehbarer Zeit durch eine positive politische Entwicklung in den arabischen Ländern von selbst nachlassen wird. Der Leitzins war von einem Spitzenstand von über vier Prozent Ende 2008 bis Anfang 2009 auf nur noch ein Prozent gefallen, wo er seitdem verharrt hatte.
Bei den Lebensmitteln sehen die Experten von der EZB allerdings vorerst keine Entspannung, auch wenn sie es noch nicht als gegeben betrachten, dass Akteure wie Händler und Hersteller den Druck voll an die Verbraucher weitergeben werden. Alles in allem zeigt die Tendenz bei der Geldentwertung nach Ansicht der Zentralbanker allerdings mittelfristig nach oben. Mit 2,4 Prozent jährlicher Inflation im Februar lag die Rate bereits über dem von der EZB angepeilten Wert von rund 2 Prozent, bis zu dem die Bank von Preisstabilität spricht, und über dem von der Bank bisher für das gesamte Jahr angenommenen Wert von 2,3 Prozent.
Konjunktur in Deutschland weiter günstig
Die weiterhin günstige Konjunktur in Deutschland verstärkt diese Entwicklungen. Zuletzt erhöhte die Deutsche Industrie- und Handelskammer DIHK ihre Vorhersage für das Wachstum der deutschen Volkswirtschaft für 2011 um über ein halbes Prozent auf 3,0 Prozent. Kräftig steigen sollen auch das Wachstum der privaten Konsumausgaben mit 2,4 Prozent, sowie Investitionen mit zwischen 3,5 und 10 Prozent.
Diverse Forschungsinstitute sowie die Bundesbank rechneten zuletzt ebenfalls mit einem gesamtwirtschaftlichen Wachstum von 2,5 bis 3 Prozent. Dies, ebenso wie der vorhergesagte weitere Rückgang der Arbeitslosigkeit, könnten die Preise ebenfalls treiben. Einige Experten rechnen für dieses Jahr daher sogar mit mehreren Zinsschritten und einem Anstieg bis 2012 auf 1,5 bis sogar 2%, was Trichet selbst vorerst aber ausschloss.
Verbraucher: Kredit- und Guthabenszinsen
In dieser Situation forderte Trichet von den Tarifparteien auch Zurückhaltung bei den Lohnverhandlungen. Mit seinen Maßnahmen stieß der Notenbankpräsident nicht nur auf Zustimmung. Einige Experten befürchteten negative Folgen für die konjunkturelle Erholung. Die Bank unterstrich aber mit der Entscheidung die Unabhängigkeit der Notenbank gegenüber der Politik, der zur leichteren Bewältigung der europäischen Schuldenkrise weiterhin niedrige Zinsen sehr gelegen gekommen wären.
Steigende Leitzinssätze dürften sich zwar beim Verbraucher in höheren Zinssätzen auf Tagesgeld und Festgeld niederschlagen und diese Anlagen damit attraktiver machen, allerdings würde sich der höhere Leitzins auch in höheren Kreditzinsen beispielsweise auf Baugeld und Hypotheken bemerkbar machen. Diese Entwicklung wurde bereits vorweggenommen, neben der zuletzt wieder zaghaft steigenden Tendenz bei den Tagesgeldzinsen vieler Anbieter stiegen auch die Zinsen auf Baugeld seit Herbst 2010 wieder an. Der Trend dürfte sich fortsetzen, was die Kalkulation der Bauherren und Käufer verändert. Auch Kreditnehmer, die demnächst ihre Darlehen refinanzieren müssen, sollten wohl lieber schnell handeln.
Redaktion (15.03.2011)