Die Europäische Zentralbank EZB plante zuletzt, noch Anfang März, eine Normalisierung der Leitzinssätze, um Inflationstendenzen zu bekämpfen. Ein erster Zinsschritt wurde von vielen Experten für April erwartet, mit einem Anstieg auf über zwei Prozent bis nächstes Jahr wurde gerechnet. Dann kamen Erdbeben, Tsunami und Reaktorunglück in Japan dazwischen. Produktions- und Kaufkraftausfälle durch die Katastrophe sowie Störungen des Schiffsverkehrs in japanischen Häfen belasten die Weltkonjunktur. Auch die anhaltenden Unruhen in Nordafrika, die in Falle Libyens in einen Bürgerkrieg auszuufern scheinen, sorgen über höhere Öl- und damit Rohstoffpreise für Unruhe.
Jetzt scheinen Zinserhöhungen wieder problematisch. Viele glauben nicht mehr, dass die Zinserhöhung so energisch ausfallen wird wie ursprünglich erwartet. Die aufgrund der neuen Ereignisse schwächere Konjunktur in den Eurozonen-Problemstaaten könnte durch Zinserhöhungen vollends abgewürgt werden, eine Zwickmühle. Auf Tagesgeld- und Festgeldbesitzer wirkt sich dies negativ aus: Der höhere Leitzins hätte die Inflation gesenkt und die Renditen auf die Konten erhöht, beide Effekte dürften nun schwächer ausfallen. Wieder vorsichtiger werdende Verbraucher lassen zugleich den Konsum schrumpfen und setzen die Konjunktur weiter unter Druck.
Anlagen: Nicht in Hektik verfallen
Auf der positiven Seite ist zu verbuchen, dass auch bei den Hypothekenzinsen der Anstieg gebremst wird. Bauherren beispielsweise können sich dadurch günstiger finanzieren, als es bei einer planmäßigen Umsetzung der EZB-Pläne der Fall gewesen wäre. Die Profianleger in den Institutionen dagegen sind besorgt. Eine klare Antwort auf die Frage nach der richtigen Reaktion gibt es nicht. Anleihen, Aktien, Gold, Festgeld, Tagesgeld, alle haben sie ihre Vor- und Nachteile, je nachdem, wie es weitergeht. Zu einer Streuung der Anlagen gibt es erst einmal weiterhin keine gute Alternative, auch wenn auf Bargeldanlagen mit längerer Laufzeit wegen der Inflationstendenzen verzichtet werden sollte. Auch bei Gold sehen viele den Übergang vom Wertspeicher zum Spekulationsobjekt überschritten und raten bei den aktuellen Preisen vom Einstieg ab. Die Japaner, die große Mengen Gold halten, dürften dieses bald verkaufen, um den Wiederaufbau des Landes finanzieren zu können, und dürften damit den Preis unter Druck setzen.
Aber auch Nachkaufen von Aktien ist gefährlich: solange die genauen Folgen des japanischen Reaktorunglückes noch nicht bekannt sind, geht man letztlich eine schwer kalkulierbare Wette ein, was sich nur für risikobereite Anleger eignet. Ein erneuter Rückfall in die Rezession ist unter dem Eindruck auch von schlechten Wirtschaftsdaten aus den USA und einigen Ländern in Europa nicht ausgeschlossen; unter diesen Umständen sollte man eher abwarten als zu hohen Preisen neue Positionen erwerben.
Redaktion (29.03.2011)