Wieder gute Nachrichten kommen jedenfalls vom Arbeitsmarkt: Die Arbeitslosenzahlen in Deutschland sanken gegenüber dem April um 165.000, gegenüber dem Vorjahr waren sogar über 200.000 Personen weniger als arbeitssuchend gemeldet. Die offizielle Erwerbslosenzahl lag damit bei noch 3,242 Millionen, eine Quote von 7,7 Prozent. Als Grund für die unerwartet positive Entwicklung wurde eine gute Entwicklung der Exporte genannt, die vom schwachen Euro profitieren. Experten erwarteten zunächst, dass die gute Entwicklung auch in den kommenden Monaten anhalten wird.
Die Entwicklung der Staatsausgaben könnte da allerdings einen Strich durch die Rechnung machen. Der von der Bundesregierung angestrebte harte Sparkurs weckt bei Wirtschaftshistorikern Sorge vor einer Wiederholung der Weltwirtschaftskrise von 1929, als die harten Sparmaßnahmen vieler Staaten zu einem Zusammenbruch des Konsums führten. Höhere Steuern, niedrigere Renten oder Sozialleistungen und vergleichbare Kürzungen lassen den Verbrauchern weniger Geld zum Ausgeben – je mehr gespart wird, desto mehr sinkt das Wirtschaftswachstum, desto mehr Menschen werden arbeitslos, desto mehr sinken die Steuereinnahmen und steigen die Ausgaben: ein potentieller Teufelskreis.
Deflation statt Inflation?
In Spanien machte sich dieser Mechanismus schon als Zwickmühle bemerkbar: Als Reaktion auf die Sparmaßnahmen des Euro-Sorgenkindes senkte die amerikanische Ratingagentur Fitch prompt die Kreditwürdigkeit des Landes – die Sparmaßnahmen würden sich wahrscheinlich in geringerem Wachstum niederschlagen. Das Auslaufen der Konjunkturprogramme in vielen Staaten wirkt sich ebenfalls negativ aufs Wachstum aus, der Ölpreis z.B. ist auch daher schon länger im Sinken begriffen.
Die Folge wären eher deflationäre Tendenzen als die Inflationsgespenster, die derzeit durch viele Zeitungen spuken. „Kommt jetzt die große Inflation?“ titelte Focus Money Online letzte Woche in einem großen Special zum Thema. Auch die Wirtschaftswoche lieferte Antworten auf die Frage „Wie sich Sparer vor Inflation schützen können“. Die zitierten Experten sind dann auch deutlich vorsichtiger, als die Überschriften zunächst vermuten ließen. Die Inflationsrate in Deutschland betrug im Mai 1,2 Prozent und blieb damit erneut deutlich unter dem von der EZB angepeilten Richtwert von 2 Prozent, ohne dass zunächst eine steigende Tendenz in Sicht wäre. Viele Banken setzen tatsächlich für die nächsten paar Jahre eher auf deflationäre Tendenzen. Commerzbank-Chefökonom Krämer rechnet gegenüber der Wirtschaftswoche erst ab 2013 mit Inflationsraten von 3-4 Prozent. In dieser Zeit kann allerdings noch viel passieren.
Keine Panikreaktionen
Angesichts der momentanen Aussichten ist Panik fehl am Platze, Fluchtinvestitionen z.B. in das derzeit zu Rekordpreisen gehandelte Gold, wie viele Untergangspropheten immer empfehlen, sind nicht angebracht. Die momentan günstigen Zinsen zur Investition in eine Immobilie nutzen wäre eine Möglichkeit, die sich aber angesichts der schrumpfenden Bevölkerung in vielen Regionen nicht überall gleichermaßen lohnt. In derzeit äußerst beliebten „Modelagen“ dürfte das Preisniveau ebenfalls mittelfristig wieder absinken. Ruhe und Augenmaß ist also beim Kauf immer noch unerlässlich, Inflationspanik und Flucht ins „Betongold“ um jeden Preis nicht angebracht, sonst wird das Eigenheim zum teuren Klumpenrisiko: bei Deflation und sinkenden Löhnen können die Raten fürs Haus schwer zu tragen sein. Also nicht übernehmen.
Aktien verlieren bei Inflation weniger schnell an Wert als Bargeld oder Anleihen. Bei hohen Inflationsraten oder bei Deflation stagniert allerdings die Wirtschaft und damit die Kurse. Auf mehr kann man in einer solchen worst-case-Situation dann ohnehin nicht hoffen. Für die nächsten Jahre gilt: die ohnehin immer ratsame Diversifizierung ist Trumpf, und auf rasante reale Wertzuwächse sollte man bei keiner Anlage hoffen. Erhaltung geht vor.
Redaktion (08.06.2010)