Mit gesundem Menschenverstand, der Fülle von im Internet frei zugänglichen Informationen und Misstrauen gegenüber komplizierten Produkten und allzu verlockenden Angeboten kommt man als Verbraucher zwar weit, aber wenn trotz allem Fragen offen bleiben, dann stellt sich die Frage, an wen man sich mit gutem Gefühl wenden kann. Das seit der Finanzkrise angeschlagene Vertrauen der Verbraucher in die Banken hinterlässt mehrere Baustellen, an denen derzeit gearbeitet wird.
Aufsichtsbehörde: Verbesserung der Bankberatung
Die Finanzaufsichtsbehörde BaFin verstärkt weiterhin ihre Bemühungen, die Beratung in den Banken schärfer zu kontrollieren. Dies teilte BaFin-Leiter Caspari zuletzt wieder der Welt am Sonntag mit. Besonders die Umsetzung der neuen Beratungsvorschriften wird derzeit mit einem an über 300 Banken versandten Fragebogen unter die Lupe genommen werden, mit Ergebnissen wird bis Ende April gerechnet. Die Zahl der bei der BaFin eingehenden Beschwerden von Verbrauchern, so Caspari weiter, habe sich seit 2005 verdoppelt, wobei falsche Beratung einen Großteil der Beschwerden ausmache. Caspari wollte Maßnahmen der BaFin zur Beseitigung bestehender Missstände nicht ausschließen. Details wie z.B. die Verwendung von Textbausteinen bei der Erstellung der vorgeschriebenen Protokolle sind zwischen Banken und Verbraucherschützern immer noch umstritten, auch Verbraucherschutzministerin Aigner forderte Verbesserungen. Für die Banken stellen sehr detaillierte Protokolle einen erheblichen Zusatzaufwand dar, und natürlich wollen sich die Institute gegen Klagen von Kunden absichern.
Problemfeld Beratungsprotokolle
Bei den seit Anfang des Jahres vorgeschriebenen Beratungsprotokollen findet deshalb derzeit ein Tauziehen statt. Die eigentlich als Schutz der Verbraucher bei Falschberatung gedachten Protokolle werden von den Banken missbraucht, um sich möglichst umfassend gegen Schadenersatzklagen von Verbrauchern abzusichern. Focus Money nennt beispielsweise die Praxis, anstelle des eigentlich vorgesehenen detaillierten Protokolls möglichst allgemein und breit formulierte Aussagen festzuhalten, wie etwa dass der Verbraucher über alle Risiken aufgeklärt worden sei. Auch die „Beförderung“ eines Kunden in den Status eines besonders sachkundigen Anlegers, für den keine Protokollpflicht besteht, kann von den Banken ausgenutzt werden. In diesem Fall steht der Anleger wieder mit dem Risiko alleine da, weshalb man sich nicht selbst überschätzen und zu diesem Schritt auf keinen Fall drängen lassen sollte. Auf jeden Fall führt an einer genauen Prüfung des Protokolls durch den Anleger kein Weg vorbei.
Thema Honorarberatung bleibt aktuell
Wie Fonds Professionell unter Berufung auf eine repräsentative Untersuchung des renommierten Instituts für Vorsorge und Finanzplanung GmbH und der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Amberg–Weiden letzte Woche berichtete, sind gut zwei Drittel der Bundesbürger bereit, für unabhängige Beratung Geld auszugeben. Die Mehrheit dieser Gruppe will allerdings für ein dreistündiges Gespräch nicht mehr als 100 Euro ausgeben. Nur eine Minderheit von 15 Prozent konnte sich vorstellen, mehr zu bezahlen. Für hochqualifizierte Berater ist das ein unattraktiver Stundensatz, so dass die Mehrheit der Verbraucher also entweder Abstriche bei der Beratungsqualität wird in Kauf nehmen müssen. Sollten die von Verbraucherschützern geforderten Mindestqualifikationen für Berater eingeführt werden, so dürften viele Verbraucher gar keinen Berater zum gewünschten Preis finden wird. Die Zukunft der Honorarberatung, und die der Kundenberatung in Finanzfragen allgemein, bleibt vorerst nicht frei von Fragezeichen.
Redaktion (29.03.2010)