Europäische Zentralbank: Zinserhöhungsdruck nimmt zu

Auf seiner Sitzung vom 5.8. beschloss der EZB-Rat, bei den wichtigen EZB-Leitzinssätzen wieder keine Veränderung vorzunehmen. Der Leitzinssatz verharrt also auf seinem derzeitigen Stand von 1,0 Prozent. Diese Entscheidung begründete der EZB-Rat damit, dass eine Zinserhöhung die Konjunktur im Euroraum gefährden würde. Durch den Verzicht auf eine Erhöhung werden die Geschäftsbanken in der Eurozone weiterhin zu sehr günstigen Konditionen mit Geld versorgt. Für Besitzer von Tagesgeld und Festgeld ist das zunächst einmal ungünstig, da die Zinsen, die auf solche Produkte geboten werden, stark von diesem Leitzinssatz abhängig sind. Der aktuelle Zinssatz verharrt nun schon seit Mitte 2009 unverändert auf diesem historisch niedrigen Niveau.

Nicht zuletzt die nach wie vor schwache wirtschaftliche Erholung in der Eurozone spricht aus Sicht des EZB-Rates gegen eine Zinserhöhung. Auch die Inflationsrate, deren Bekämpfung traditionell einen wichtigen Grund für Zinserhöhungen darstellt, verharrt auf niedrigem Niveau. Das immerhin sind gute Neuigkeiten für Tagesgeld-Kunden. Für das aktuelle Quartal geht die EZB nun von einem weiteren leichten Anziehen der Konjunktur aus, was dann den Weg zu einer Zinserhöhung ebnen könnte.

Probleme anhaltend niedriger Zinsen

Auch weitere Faktoren sprechen für ein baldiges Ende der Niedrigzinsperiode. Das Handelsblatt zitierte jüngst Ökonomen wichtiger Banken und Institutionen mit der Sorge, die niedrigen Zinssätze könnten neue Probleme schaffen. Je länger die Zinsen niedrig blieben, desto sorgloser nähmen Verbraucher und Firmen Kredite auf, um dann in Schwierigkeiten zu geraten, wenn die Zinssätze wieder steigen und Anschlussfinanzierungen teurer ausfallen als eingeplant. Auch bei Investitionen steige der Mut zum Risiko. Das niedrige Zinsniveau treibe die Anleger in riskante Projekte, die bei höheren Zinsen unattraktiv wären. Auch das gefährde die Stabilität immer mehr, je länger die niedrigen Zinssätze gelten.

Bei Konsumenten bestünde die Gefahr, dass gar nicht mehr angelegt wird, sondern lieber konsumiert. Dadurch entsteht eine künstliche Nachfrage, bei deren Wegfallen plötzlich neu aufgebaute Produktionskapazitäten unausgelastet sind, was auf dem Arbeitsmarkt schmerzhafte Folgen haben kann. Es sei also wichtig, rechtzeitig aus dem Zinstief aufzusteigen, bevor es in der Wirtschaft zu Verzerrungseffekten komme. Je länger man warte, desto größer die Gewöhnung und desto höher würden die Kosten des Ausstiegs. Für Tagesgeldbesitzer, die die niedrigen Zinsen derzeit einiges an Rendite kosten, ist dieser Zinserhöhungsdruck auf die EZB jedenfalls erfreulich. „Noch in diesem Jahr“, zitiert das Handelsblatt Roland Vaubel von der Universität Mannheim, müssten die Leitzinsen angehoben werden.

Die Nachrichten aus der Konjunktur, z.B. der überstandene „Stresstest“, die soliden Stände der Aktienmärkte, der erholte Eurokurs und die anhaltende Konjunkturbelebung, scheinen einer moderaten Zinserhöhung jedenfalls auch nicht im Wege zu stehen. Auch für das nächste Jahr wird für Deutschland ein überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum und eine weiter Erholung auf dem Arbeitsmarkt erwartet. Der von den Experten geforderten moderaten Zinserhöhung würde also auch aus dieser Sicht nichts entgegenstehen. Das Ende des Tunnels scheint bei den Zinsen also absehbar.

Redaktion (09.08.2010)

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