Kapitalanlagen müssen ausgewogen mit allen Chancen und Risiken beworben werden. Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg (Az.: 3 U 2124/13)
Glaubt man der vollmundigen Werbung der Banken, besitzt eine Kapitalanlage natürlich ausschließlich Vorteile. Die Nachteile und Risiken sind vernachlässigbar, stattdessen stehen hohe Renditeversprechen im Vordergrund. Die schöne Welt der Hochglanzwerbung zieht immer wieder Anleger in ihren Bann und vermittelt diesen häufig falsche Tatsachen.
Nicht wenige Anleger haben in der Vergangenheit auf die Werbeaussagen der Kreditinstitute vertraut, entsprechende Anlageprodukte erworben und sich hinterher darüber geärgert, dass die Anlage nicht das halten konnte, was versprochen wurde. Doch wie sieht das Ganze rechtlich aus? Darf eine Bank ausschließlich mit den positiven Aspekten einer Kapitalanlage werben? Oder muss die Werbung ausgewogen gestaltet sein, so dass der potentielle Investor direkt auch die Risiken erfährt? Des Öfteren hatten sich bereits Gerichte mit dieser Frage auseinanderzusetzen, hier ein entsprechendes Beispiel, das kürzlich vor dem OLG Nürnberg verhandelt wurde:
Die Umweltbank, ein kleines und spezialisiertes Kreditinstitut, hatte auf ihrer Webseite sogenannte Genussscheine eines niedersächsischen Solarparks offeriert. Die Produktinformation zu diesem Investment war jedoch relativ einseitig gehalten. Es wurden insbesondere zwei Vorteile in den Vordergrund gestellt – zum einen die Verzinsung der Kapitalanlage (5,65 Prozent per anno), zum zweiten die Projektsicherheiten, welche den Anleger davon überzeugen sollten, dass es sich hier um eine Anlage fast ohne Verlustrisiko handelt. Die entsprechenden Risiken, welche mit jeder Kapitalanlage verbunden sind, wurden in diesem Fall jedoch lediglich ganz am Rande dargestellt und zudem pauschaliert, zum Beispiel mit einer Aussage wie: „Höhere Ertragschancen sind mit höheren Risiken verbunden.“ Ein Totalverlust wurde in der Werbung als „weniger wahrscheinlich“ betitelt.
Den Verbraucherverbänden stießen diese Werbeaussagen sauer auf. Sie verklagten daher über ihren Bundesverband das Kreditinstitut. Der Fall wurde schließlich vor dem Oberlandesgericht Nürnberg verhandelt.
Das Gericht folgte den Ausführungen der Verbraucherzentralen und stellte fest, dass insbesondere die Risiken dieser Kapitalanlage in der Werbung nicht ausreichend dargelegt werden würden. Für potentielle Anleger werde nicht hinreichend deutlich, dass die beworbenen Genussscheine keinerlei Einlagensicherung aufweisen. Bei einer Insolvenz des betreffenden Solarparks würde dem Anleger ein Totalverlust drohen, worauf der Interessent jedoch nicht hingewiesen werde.
Auch beim Bewerben der Verzinsung habe die Bank nach Meinung des Gerichts grobe Fehler gemacht. Insbesondere fehlt jeder Hinweis auf das Risiko von Kursverlusten, die sich bei einem steigenden Zinsniveau auf dem Kapitalmarkt ergeben. Der bereits angesprochene Begriff „Projektsicherheiten“ erntete ebenfalls Kritik durch das OLG, nach Meinung der Richter könne sich der Anleger hierunter schlichtweg nichts vorstellen. Nur in diesem Bereich erfahrene Investoren könnten erahnen, worum es dabei ginge.
Abschließend stellten die Richter fest, dass gemäß dem Wertpapierhandelsgesetz in Deutschland Produktinformationen zu einer Kapitalanlage zum einen eindeutig, zum anderen ausgewogen sein müssen. Der Bank stünde es zwar frei, die Vorteile der jeweiligen Anlage in der Werbung besonders hervorzuheben, es müssten dann aber auch die Risiken entsprechend genau benannt werden. Ein Bewerben mit überwiegender Nennung der Vorteile unter Vernachlässigung der Risiken sei schlichtweg nicht zulässig. Genau dies sei jedoch hier propagiert worden, weswegen die Bank dazu verurteilt wurde, ihre Werbung entsprechend abzuändern.